Trekkingtour Rothaarsteig

DSC01153Es ist Mittwoch Nachmittag, ich stehe mit ein paar Teilnehmern der Trekkingtour am Gleis und begutachte misstrauisch den Zug, der uns nach Erntebrück zum Rothaarsteig bringen soll.

„Ist der nicht ein bisschen klein?“, fragt jemand, und auch ich frage mich langsam, ob außer unserer Trekkinggruppe sonst noch Fahrgäste in diesen Zug passen sollen.

Insgesamt dreißig Leute sind wir, die dieses Wochenende von Erntebrück aus wandern wollen, sechs Teamer und vierundzwanzig Teilnehmer. Wie jedes Jahr findet diese von der NAJU organisierte Freizeit über ein verlängertes Wochenende – diesmal Fronleichnam – statt, sodass uns viel Zeit bleibt, zu wandern und möglichst viel Natur zu genießen. Damit wir uns im Gebiet nicht ständig gegenseitig auf den Füßen stehen, wollen wir uns vor Ort in drei Gruppen aufteilen, die Zugfahrt werden wir jedoch noch zusammen verbringen, und langsam beschleicht mich der Verdacht, dass wir uns vielleicht doch besser einen eigenen Zug gemietet hätten.

Noch sieht es harmlos aus. Zu siebt stehen wir am Gleis, die letzten Eltern verabschieden sich von ihren Kindern und die wenigen Fahrgäste, die ebenfalls Richtung Erntebrück wollen, steigen bereits ein. Wir warten jedoch, bis der Rest unserer Truppe kommt. Keine fünf Minuten bevor unser Zug losfahren soll, fährt der Zug aus Gießen auf dem gegenüberliegenden Gleis ein, eine Masse von Rucksackträgern quillt heraus und stürmt den Zug nach Erntebrück. Kurz darauf haben wir den halben Zug besetzt, die Rucksäcke in die Gepäckablagen gehievt, es wird geredet und Karten gespielt. Von hier aus ist die Reise entspannt, denn Erntebrück ist, wie der Schaffner leicht ironisch verkündet, im wahrsten Sinne des Wortes eine Endstation.

Trekken macht süchtig

Etwa anderthalb Stunden später sitzen wir in Erntebrück am Bahnhof, essen zu Abend, teilen die Gruppen ein und verteilen schließlich das Gruppengepäck. Es gibt nicht nur das Essen für die kommenden vier Tage, sondern auch Planen, aus denen wir schließlich Zelte bauen werden, den Kochtopf, Karte und Kompass und was man sonst noch so auf Tour gebrauchen kann. Im Durchschnitt kommen pro Person zum Eigengepäck noch drei bis vier Kilo dazu, was allerdings auch stark nach Alter und Größe variiert. Die Jüngsten sind zwölf, die ältesten Teilnehmer um die zwanzig Jahre alt. Für viele ist das die erste Tour, es gibt aber auch viele Wiedergänger, frei nach dem Prinzip: Einmal dabei, immer dabei. Trekken macht süchtig, da bin ich mir sicher. Mich hat es ja schließlich auch erwischt.

Unterwegs

DSC06964Es gibt kaum etwas Schöneres auf einer Trekkingtour, als morgens aufzuwachen, sich in seinem gemütlich warmen Schlafsack zu rekeln, einen Blick nach draußen zu werfen, und einen wunderschönen, sonnigen Morgen zu sehen. Genau so einen Ausblick haben wir am ersten Morgen. Nebel steigt aus den Tälern, aber dank der Sonne ist es angenehm warm.

Die Tage sind ewig lang und vergehen wie im Flug, wie bei allen Tagen, an denen man viel macht, sich aber nie langweilt. Mal spielen wir Spiele, die verdächtig an Capture-The-Flag erinnerten, mal wandern wir auf verschlungenen Wegen zu einer Quelle oder spielen „Werwolf“. Es ist, als hätten wir alle Zeit der Welt, denn wer braucht schon eine Uhr, wenn die einzige Zeit die zählt, die Essenszeit ist?

DSC07044Während den Wanderungen gibt es viel zu entdecken: Nicht nur, dass jeder, der will, den Umgang mit Karte und Kompass lernen kann, es gibt auch regelmäßige Pflanzen-Tastings. Ob im Wald oder auf Wiesen – überall wachsen essbare Pflanzen, die die Gruppe begeistert probiert. Nichts geht über einen leckeren Zwischensnack beim Wandern, sodass es immer wieder vorkommt, dass auf einmal die ganze Gruppe drei Schritte im Wald verschwindet und Sauerklee mümmelnd auf dem Boden sitzt. Hin und wieder wandern auch Manche mit Blumensträußen aus Wiesenschaumkraut in der Hand, die sie nach und nach verspeisen. Am letzten Abend gibt es dann sogar Nudeln mit selbst gesammeltem Wildkräuterpesto und Brennnessel-Spinat, der bei den Teilnehmern deutlich besser ankommt als echter Spinat.

Der ein oder andere lernt noch ein paar Knoten zum Zeltaufbauen dazu, andere können an ihren Feuerkünsten feilen und nicht zuletzt lernen, wie man eine umweltfreundliche Feuerstelle baut.

Wenn man dann Abends bei Gitarrenmusik am knisternden Lagerfeuer sitzt, gemeinsam singt oder lacht, weiß man, warum man das nächste Jahr wieder dabei sein wird.

  • Petra und Katharina Clauss